Warum ich dem Mount Everest eher kritisch gegenüberstehe.

In der Entwicklungsarbeit mit Führungskräften ist der Mount Everest ein beliebtes Motiv. Wer ganz nach oben will, muss hart an sich arbeiten, DAS eine Ziel verfolgen und auch mal den ein oder anderen Begleiter zurücklassen, der nicht mehr mithalten kann.

Ist das Bergsteigen mein Beruf oder mein Lebensinhalt, dann sage ich zu all dem JA. Ist der Schwerpunkt meiner Arbeit aber das Führen von Menschen, stehe ich dem Bild des Mount Everest-Besteigers eher kritisch gegenüber.

 

Frage ich heute Führungskräfte, wie sich ihre Arbeit anfühlt, dann kreieren sie oft selbst das Bild eines nicht zu bewältigenden Berges. Würden wir dann ein Führungskräfte-Training in Erwägung ziehen, das symbolisch assoziiert, man müsse nur wollen und noch härter trainieren, dann könne man auch irgendwann oben ankommen, ist das höchst kontraproduktiv. Willkommen Demotivation. Willkommen Burn-Out!

Nun können Unternehmen auch in das Gegenteil investieren. Derzeitig boomen Achtsamkeitstrainings für Manager. Weg von allen äußeren Reizen, hin zur Arbeit mit sich selbst. Ein sehr guter Ansatz, aber vielleicht auch kein Allheilmittel. Denn, auch wenn die Herausforderungen der Führungskräfte objektiv betrachtet ähnlich scheinen, so sind die Lösungsansätze doch so individuell wie die Personen und ihre Lebensumstände selbst. Alles was mit der Gießkanne angeboten wird, kann also im besten Fall Inspiration bringen.

Wer nachhaltige Entwicklung in der Führungsriege anstrebt, sollte den Kollegen zusätzlich zur Inspiration einen Raum geben, in dem sie selbst wählen können, welche Bilder sie assoziieren. Oder welche Sportart am ehesten für das eigene Arbeitsgefühl stehen kann. So schaffen es Führungskräfte meist besser, aus einer Metaposition heraus, neue eigene Entwicklungsansätze zu finden.

Kommt eine Führungskraft also mit dem Bild des Mount Everest zu mir ins Coaching, würden wir wahrscheinlich daran arbeiten, aus dem Mount Everest erst einmal die Rotwand zu machen. Auch ein Berg, aber für jeden halbwegs Trainierten zu schaffen. Der Vorteil: realistische Ziele und erste kleinere Erfolge machen Lust auf mehr.

"Das Geheimnis des Vorwärtskommens besteht darin, den ersten Schritt zu tun." (Mark Twain)

Ihre Jessica Calaminus

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